Rundschreiben herausgesucht. Überlegungen und Tipps die dem IF-Boot Flügel verleihen.

rundschreiben I/88

Notbremse
Haben Sie schon mal auf einem Kreuzschlag, bei einem Mitwind-Anlegemanöver oder weil ein Hindernis viel zu schnell näher kam, nach dem Griff für die Notbremse auf dem IF-Boot gesucht und nicht gefunden?
Für derartige Notlagen sollten Sie die nachstehenden Ratschläge, die uns Kamerad Günter Hofmann 1980 zur Verfügung gestellt hat, gut durchlesen.
Dann finden Sie den "Griff" zwar auch nicht, bekommen aber Ihr Schiff schneller in den Griff, als Sie gedacht haben.
Die Schiffsform und das Gewicht des IF-Bootes sind von großem Einfluß auf dessen Manövrierfähigkeit. Um auch in Grenzsituationen das Boot einwandfrei zu beherrschen, bedarf es der Kennntnis seiner Eigenschaften, sowie des mehrfachen Übens der Manöver. Jeder wird schnell merken, daß das IF-Boot als Langkieler nicht so wendig ist wie eine Jolle. Lebhafte Innenbewegungen und scharfes Ruderlegen bremsen die Fahrt des Bootes. Es verlangt nach langsamen, wohldosierten Ruderbewegungen, um bei Manövern so wenig wie möglich Fahrt zu verlieren.
Andererseits gibt es z.B. an der Tonne oder beim Anlegemanöver Situationen, die ein sehr starkes Ruderlegen erfordern. Hierzu muß man die Pinne so hochklappen, daß sie über das Achterstag geführt werden kann, da das Achterstag sonst den Rudereinschlag einschränkt. Eine der unangenehmsten Situationen ist jedoch die, wenn man auf beengtem Raum zuviel Fahrt im Schiff hat. Hier benötigt man jetzt die Notbremse.
Der lange Lateralplan des IF-Bootes bietet uns die eine Möglichkeit die über 2 Tonnen relativ stark abzubremsen. Als erstes muß natürlich das Segel soweit gefiert werden, daß es killt und keinen Antrieb mehr liefert. Der Steuermann legt jetzt das Ruder relativ scharf nach einer Seite. Wenn das Boot eine ausreichende Drehgeschwindigkeit erreicht hat, legt er das Ruder scharf nach der entgegengesetzten Seite. Das Boot wird aufgrund der Trägheit seiner großen Masse die begonnene Drehbewegung noch einen Augenblick fortsetzten, während das nach der anderen Seite eingeschlagene Ruder die Fahrt des Bootes stark abbremst.
Sie werden erstaunt sein, wie gut Sie nach ein wenig Übung Ihr Boot abbremsen können.
Wenn diese Notbremse allerdings bei einem Manöver in der Regatta angewendet werden muß, werden Sie auch erstaunt sein, wie lange Sie brauchen, um Ihr Boot endlich wieder in Fahrt zu bringen. Das sollte Ihnen auch Warnung sein, daß Sie Ihr Boot durch unbedachte oder unnötige Ruderbewegungen stark bremsen können, wenn es gar nicht Ihre Absicht ist !

rundschreiben II/88

Im Winter 1988 fanden zwei IF-Boot Segler-Treffen statt, an denen die Kameraden Kurt Schwenk und Udo Büttgen Vorträge über das Trimmen von Regatta Schiffen gehalten haben. Auszüge aus diesen Vorträgen wurden in den Rundschreiben veröffentlicht.
Vorweg etwas Allgemeines:
Es gibt kein einheitliches Rezept mit dem jeder Segler sein Schiff nach vorne bringen kann. Vielmehr muß jeder den Trimm seines Bootes seinem eignen Fahrstil anpassen. Das verlangt nicht nur Fingerspitzengefühl sondern auch Regattaerfahrung.
Bevor wir nun zu den Feinheiten kommen, die wie gesagt keine Patentrezepte sondern nur Denkanstöße sein können, ein paar Grundlagen und allgemeingültige Dinge.

Masttrimm - Grundeinstellung

A) Der Mast muß in Querrichtung genau senkrecht stehen:

A.1) Unterwanten und Achterstag völlig lösen (klappern). Der Mast wird jetzt nur vom Vorstag und den Oberwanten gehalten. Während der Grundeinstellung soll der Mast keine Kurve haben.

A.2) Oberwanten auf leichte Spannung bringen.

A.3) Das festgelegte Großfall mit einem Gewicht (z.B. kleiner Anker) beschweren und ohne Zugkraft über den BB- und StB- Süllrand am Wantenansatz führen und dabei die Distanz zum Deck messen.

Nachtrag zu A.3)
Das Feststellen möglicher Längendifferenzen der Oberwanten mittels Gewicht am Großfall ist in der Beschriebenen Form nicht möglich, wenn das Großfall nicht aus vorgerecktem Material besteht. Beim Überführen des Gewichtes zum anderen Süllrand, läßt sich eine geringfühgige Veränderung der Zugkraft nicht vermeiden. Unterschiedliche Ausdehnung des Falls ist die Folge, so daß die Messung unbrauchbar ist.
Abhilfe: Fockfall benutzen. Der Drahtvorläufer des Fockfalls hat bei relativ leichter Zugkraft kein - und das serienmäßig angespleißte Tau so gut wie kein Reck. Bevor wir die Auswirkungen unseres Mastfalls (siehe auch B.4) auf den Ruderdruck ausprobieren - und ständig die Wantenspanner verstellen - noch eine sehr wichtige Überlegung zum Thema Luvgierigkeit, die wir aus dem Buch "Seemannschaft" zitieren.——>B.5

A.4) Oberwantenspanner solange verstellen, bis Distanz an BB un StB gleich groß ist. Die Länge der Wanten und eventuell unterschiedlich lang ausgedehnter Wantenspanner ist jetzt an BB un StB gleich - der Mast steht absolut senkrecht über dem Deck.

A.5) Da die Wanten geringe Längendifferenzen aufweisen können, sollte man jetzt ein für alle Mal BB- und StB- Wante als solche kennzeichnen und in einer Trimmkladde die so eingestellte Länge der Oberwantenspanner (Schiebelehre genau messen) festhalten. Eine eventuell vorhandene Differenz zwischen diesen beiden Maßen muß nun bei jeder weiteren Trimmveränderung mittels der Oberwantenspanner gleich bleiben. Fehler die hierbei gemacht werden sind meist verantwortlich für die sogenannte Schokoladenseite eines Schiffes.
Hinweis: Da die Wanten nicht nur unterschiedlich lang sein können sondern sich im Laufe der Zeit auch unterschiedlich ausrecken können, sollte man die Messung A.3 nach einiger Zeit wiederholen und ggf. neu einstellen. Sind keine Abweichungen mehr festzustellen, genügt eine Kontrollmessung zu Beginn jeder Saison.

B) Erst jetzt wird der Mastfall in Längsrichtung eingestellt:

B.1) Schiff durch Gewichtstrimmung so austarieren, daß der Wasserpaß parallel zur Wasseroberfläche liegt (Vom Steg oder von Land aus beobachten lassen). Diese Optimalschwimmlage sollte das Schiff auch haben, wenn sich die gesamte Mannschaft an der Kreuz auf ihrem Arbeitsplatz befindet. Also auch gleich in der Trimmkladde vermerken, wo Anker oder Bierballast usw. zur Erlangung dieser Schwimmlage verstaut sein müssen.

B.2) Großfall mit Gewicht (dient als Lot auf den Großbaum) beschweren. Gemessen wird bei Optimalschwimmlage die Distanz von Achterkante Mast bis zum Großfall-Lot auf den Großbaum. Diese Distanz soll 15 cm und 25 cm liegen.

B.3) Mast zu klein (weniger als 15 cm) erst Vorstag lösen, dann Oberwanten gleichmäßig nachziehen. Hierbei muß die unter A.5 ermittelte Differenz der Spannerlänge BB zu StB erhalten bleiben und der Mast darf nicht durch zu scharfes Anziehen der Wanten gekrümmt werden. Unterwanten und Achterstag müssen klappern. Danach erneut das Lot auf den Großbaum kontrollieren.
Mastfall zu groß (mehr als 25 cm) Einstellung wie vorher nur in umgekehrter Reihen folge. Diese Einstellvorgänge sind so lange zu wiederholen, bis die gewünschte Distanz des Lotes auf den Großbaum zur Mastachterkante erreicht ist.

B.4) Die Auswirkungen: Durch Veränderung des Mastfalls ändert sich die Lage des Segelschwerpunktes. Dabei gilt folgendes Faustregel: Mehr Mastfall, Schiff wird luvgieriger, weniger Mastfall, Schiff wird weniger luvgierig. Es verändern sich aber auch die Holepunkte für die Genuaschot und die Stellung der Segelprofile von Genua und Großsegel zueinander, so daß die optimale Distanz zwischen Mastachterkante und dem Lot auf den Großbaum schon von einem Segelschnitt zum anderen unterschiedlich sein kann. Hier ist deshalb der feinfühlige Steuermann gefragt, der mit viel Fingerspitzengefühl den Ruderdruck beurteilt und geduldig von Wettfahrt zu Wettfahrt ausprobiert, wie es für ihn und sein Schiff am besten läuft - wie schon gesagt, es gibt kein Patentrezept.

B.5) Zitat:<<Aus der gesamtem Segelfläche ergibt sich ein geometrischer Druckpunkt und aus dem Lateralplan der abdrifthindernder Druckpunkt. Würden beide Punkte senkrecht übereinanderliegen, würde sich dann nicht Winddruck (Querkraft) und Lateralwiderstand wunderbar ausgleichen? Nein, im Gegenteil, sie würden eine starke Luvgierigkeit erzeugen, denn beim Segeln am Wind ist die Querkraft erheblich größer als der Vortrieb, nämlich meistens 2 1/2 bis 3 mal so groß. Aber auch der Vortrieb wirkt auf die Luvgierigkeit, da er weit außerhalb der Bootsmittellinie angreift. Der ihm gegenüberstehende Widerstand im Wasser wirkt wie ein Hebel und erzeugt wieder Luvgierigkeit. Dadurch wirkt der Wind, als ob ein Schlepper das Boot an einer Leine schleppt, die außen am Want des Bootes befestigt ist. Nun wirkt die Querkraft, die ja wie der Vortrieb im Segelpunkt angreift, dieser durch den Vortrieb hervorgerufenen Luvgierigkeit entgegen. Würden jetzt beide Schwerpunkte senkrecht übereinander stehen, so hätte die Querkraft keine Wirkung; das Schiff wäre also luvgierig.
Segelt das Boot mit weniger Krängung, so wird der Hebel zwischen Vortrieb und Widerstand unter Wasser geringer, d.h. der Drang nach Luv verringert sich. Es gehört zweifellos viel Erfahrung dazu, ein Boot zum ausbalancierten Segeln am Wind zu bringen. Es gibt keine einzig und für immer richtige Lage der Schwerpunkte. Selbst die persönliche Art des Steuerns beeinflußt sie; denn der eine Steuerman versucht, größte Höhe herauszusegeln, der andere hält mehr auf gute Fahrt, aber weniger Höhe. Hat man Gelegenheit, bei bedeutenden Rennen den Trimm der einzelnen Boote zu vergleichen, so findet man selbst unter Spitzenbooten erstaunliche Unterschiede.
Das Eintrimmen eines Bootes geschieht unter Ausnutzung aller veränderlichen Möglichkeiten: Mast vorausneigen verringert die Luvgierigkeit. Das Versetzen der Holepunkte der Vorschot ergibt weitere Möglichkeiten. Zu dicht geholte Vorsegel wirken leegierig, zu offen stehende dagegen luvgierig. Selbst das Großsegel bietet beachtliche Trimmöglichkeiten. Je stärker der Wind und je höher die Yacht am Wind segelt, um so flacher soll das Großsegel stehen. Wird der Mast peitschenartig nach achtern durchgebogen, flacht sich das Großsegel erheblich ab.>>

C) Die Unterwanten.

C.1) Sind diese Grundeinstellungen erledigt, wird das Vorstag fester angespannt bis der Mast eine kleine Vorkrümmung erhält. Die Tiefe dieser Krümmung sollte ca. 5 cm betragen und kann nur mit dem Augenmaß abgeschätzt werden, in dem man das Großfall an der Mastkeep entlang spannt.

C.2) Die Unterwanten regulieren diese Vorkrümmung und auch die später beim harten Durchsetzen des Fockfalls vertiefende Mastkrümmung, in dem sie beim Anziehen der Unterwantenspanner den Mast in Höhe der Salinge nach achtern festhalten.
Auf See sind die Unterwanten grundsätzlich fest zu fahren, um den Mast in sich zu stabilisieren. Es ist auch darauf zu achten, daß sie gleichmäßige Spannung haben weil sonst der Mast querschiffs gebogen wird. Für Binnenregatten jedoch sollten die Unterwanten vor dem Durchsetzen der Fock etwas Lose haben, damit der Mast auch im Bereich unterhalb der Saling gekrümmt werden kann, um den Bauch aus dem Großsegel und somit die Luvgierigkeit aus dem Schiff nehmen zu können.

rundschreiben III/88

C.3) Wie in C.1 und C.2 beschrieben, soll der Mast eine Vorkrümmung haben. Diese Vorkrümmung von max. 5 cm Tiefe bei losen Unterwanten, wird bei unterschiedlichen Vorliek/Vorstag Systemen (Vorsegel an Stagreitern, Rollfock mit/ohne Profilvorstag) auf unterschiedliche Weise erzeugt und kann auch während der Wettfahrt mit dem Fockfall bzw. Vorstagspanner, bei Rollfock mit Profilvorstag verändert werden.
Ab Windstärke 5 Bf sollte die max. Vorkrümmung jedoch erreicht sein.

C.4) Die Unterwanten müssen unter Umständen auch während einer Wettfart verstellt werden. Es empfiehlt sich deshalb Wantenspanner mit Schnellspannvorrichtung zu verwenden. Ich selbst fahre solche Wantenspanner an allen Wanten und am Vorstag. Gegen unbeabsichtigtes Öffnen z.B. durch eine hängenbleibende Fockschot, werden diese Spanner nur mit einem übergestülpten kurzen Kunststoffrohr gesichert.

C.5) Unterwantenspannung:
0 - 3 Bf: fest -------------------------------- keine Mastkurve
3 - 4 Bf: 1 Umdrehung lösen ---------- leichte Mastkurve
4 - 5 Bf: 2 Umdrehungen lösen ------ größere Mastkurve
5 und mehr Bf: noch eine Umdrehung zu lösen ist nicht empfehlenswert, weil damit das Rigg extrem weich wird. Zusätzlich entstehender Ruderdruck sollte jetzt ausschließlich durch die übrigen Trimmeinrichtungen (Cunningham, Unterliekstrecker und Achterstag noch härter durchsetzen) gemindert werden. Auf jeden Fall muß der Traveller noch stärker als bisher nach Lee gefiert werden, um das Schiff damit aufrechter zu segeln (siehe auch Überlegungen zu B.5).

Anmerkung: Ein Nachteil des 7/8 Riggs ist, dass bei zu losen Unterwanten das Vorstag nicht mehr hart durchgesetzt werden kann. Das Achterstag krümmt zwar den Mast, bringt aber nicht mehr den entscheidenen Druck ins Vorstag. Damit wird der Durchhang des Vorlieks größer und die Genua bauchig. Die Kontolle des Vorlieks ist aber bei viel Wind extrem wichtig. Hier sollten die Möglichkeiten geprüft werden, das Großsegel nur durch Unterliekstrecker, Cunningham, Schotzug und Traveller flach zu trimmen, und so der Krängung und Luvgierigkeit entgegenzuwirken.

D) Trimmung der Segel

D.1) Der einmal eingestellte und tabellarisch festgehaltene Grundtrimm sollte nicht vorschnell wieder verlassen werden, auch dann nicht wenn man Anfangs ein ungutes Gefühl hat. Die gröbsten Trimmfehler werden meist beim Einstellen des Fockholepunktes, zu stark dichtgeholte Fock- und Großschot oder zu seltener Gebrauch des Travellers gemacht. Um den Ruderdruck seines Grundtrimms beurteilen zu können, darf das Boot nicht übermäßig hart an den Wind gebracht werden. Man sollte deshalb erst mehrere Male bei unterschiedlichen Windstärken außerhalb von Wettfahrten, aber mit seinen Sonntags(Regatta)-Segeln, das Verhalten des Bootes an der Kreuz ausprobieren. Hierbei sollte man verstärkt auf folgendes achten:

Hoch am Wind-Kurs

D.2) Genua.
Cunnigham: ab 3 - 4 Bf anziehen, ab 5 Bf hart durchsetzen. Es darf sich aber nie eine senkrechte Falte bilden.
Achterliekregulierleine: Das Achterliek der Genua darf niemals stark vibrieren oder gar schlagen, weil sonst die Strömung an der gesamten Genua und am Großsegel abreißt und bremsende Luftwirbel bildet. Andererseits darf die Achterliek nur eine max. 2 cm tiefe Kralle haben. Die Achterliekregulierleine ist deshalb auch während der WF bei Änderung der Windstärke ständig zu kontrollieren.
Holepunkt: Ein optisch gut aussehendes Segel muß nicht immer den besten Vortrieb geben. Der beste Vortrieb entsteht, wenn die "Düse" zwischen Genua und Großsegel optimal eingestellt ist. Dies ist der Fall, wenn Großsegel kein oder bei stärkerem Wind nur ein leichter aber nicht flatternder Luvbauch steht, und die Achterliek der Genua parallel zum Großsegelprofil verläuft. Hierzu gilt:
Holepunkt nach vorn = Achterliek schließt
Holepunkt nach hinten = Achterliek öffnet.
Der Holepunkt muß ggf. auch während der WF der sich ändernden Windstärke angepaßt werden, weil sich Unterliek und Achterliek unterschiedlich stark dehnen.
Kleinere Windstärkeschwankungen muß der Schotte durch ständiges Arbeiten mit der Fockschot ausgleichen. Dabei muß die Achterliek bei leichtem Wind etwas mehr als eine Handbreite, bei stärkerem Wind geringfügig weniger als eine Handbreite von der Oberwante frei bleiben.

D.3) Großsegel.
Bei nicht vorgerecktem Großfallmaterial sollte das Cunningham nach jedem Setzen des Großsegels einmal voll durchgesetzt und gelöst werden. Danach kann das Großfall meist noch einige Zentimeter weiter durchgesetzt werden, bis der Großsegelkopf die obere Begrenzungsmarke im Masttop erreicht hat. Aufgrund der 7/8 Takelung kommt dem Großsegel mehr Bedeutung zu als bei einigen topgetakelten Booten. Es sollte deshalb so gefahren werden, daß es immer gut trägt, d.h. keinen allzu großen Luvbauch größer als 1/3 der Großsegelfläche ist.
Hat man das Gefühl, das Großsegel ständig mit stärkerem Luvbauch fahren zu müssen, um starke Krängung und Luvgierigkeit zu vermeiden, dann ist es nicht flach genug getrimmt. Ich selbst war lange Zeit viel zu zaghaft, die Unterwanten loser zu drehen und den Mast mit dem Achterstag weit genug zu biegen. Seit ich mich jedoch dazu überwunden habe, läuft die Kiste.
Twist: (Der Oberteil des Segels dreht sich Lee) Der Wind ist langsamer (schwächer) an der Wasseroberfläche als weiter oben in der Mastspitze. Wie groß der Unterschied ist, hängt vom Wetter, Windstärke und Richtung ab. Im allgemeinen kann man sagen, daß der Unterschied am größten ist bei leichtem oder böigen Wind und auf Binnenseen. Der Unterschied ist am geringsten bei gleichmäßigem, ziemlich starken Wind und auf offenem Wasser mit wenig Seegang. Dieser Unterschied der Windstärke hat zur Folge, daß der Einfallswinkel des Windes im Oberteil des Segels offner ist. Der Fahrtwind ist ja überall konstant. Der resultierende Windeinfallswinkel ist also im Oberteil des Segels offener als im Unterteil. Um zu bestimmen, ob man richtig nach dem Wind im Oberteil des Segels geschotet und getrimmt hat, befestigt man "Tell tales" (Woll- oder Spinnackerfäden) im Segel, ungefähr so wie die Skizze nebenan zeigt. Normalerweise soll das Tell tale, das direkt unter der obersten Latte sitzt längs des Segels auswehen. Wenn der Wind im Oberteil des Segels stärker ist als im Unterteil, muß man das Segel twisten, d.h. das Oberteil des Achterlieks muß nach Lee ausfallen. Ob dies nun erforderlich ist, merkt man daran, dass das Tell tale unter der obersten Latte nicht längs des Segels ausweht. Es zeigt vielleicht sogar nach vorne. Wenn die Windstärke oben und unten mehr ausgeglichen ist, muß man versuchen, die Wendung des Oberteils nach Lee so viel wie möglich einzuschränken. Leider zeigen Tell tales nicht an, ob das Segel zu sehr getwistet ist, sondern das zeigt sich dadurch, daß man nicht dicht genug am Wind segelt.
Wendung des Oberteils nach Lee erhält man durch:
---losen Baumniederholer
---lose Schot, ev. Traveller nach Luv
---leichtes spannen des Achterstages
Weniger Wendung nach Lee
---Baumniederholer anziehen
---Traveller nach Lee und ev. härter schoten
---ev. Achterstag etwas lose geben

rundschreiben IV/88

E) Spinnaker-Kurse.
Das Segeln mit Spinnaker, insbesondere die entsprechenden Mannöver auf Wettfahrten, flößen vielen Seglern großen Respekt ein. Zu Unrecht wie ich meine, denn gewußt wie, läßt sich das Schiff auf dem Vorwindkurs mit Spi leichter auf Kurs halten, weil der Druck im Großsegel auf der einen durch den Druck im Spi auf der anderen Seite ausgeglichen wird. Selbst in der Ostseewelle bei guten 6 Bf ist es mir nur einmal auf einem mehreren Stunden andauerden Spi-Kurs passiert, daß ich die Leeschot des Spis voll auffieren mußte, um ein zu starkes Anluven des Schiffes zu vermeiden.

E.1) Die Manöver.
Während des Setzen und Bergens des Spinnakers muß das Vorsegel auf sein (nicht eingerollt oder an Deck liegend), damit sich der Spinnaker nicht um das Vorstag vertörnen kann. Damit ist die größte Gefahr schon mal gebannt.

E.2) Die Spi-Schoten sollten gegen ein Durchrauschen durch die Umlenkblöcke mit einem Achtknoten gesichert sein, weil ein Spi, der waagerecht vom Masttop ausweht, nicht mehr geborgen werden kann. Man kann ihn nur noch über Bord gehen lassen, in dem man das Spi-Fall ausrauschen läßt. Klemmt dabei das Fall im Mast, geht das Ding nie mehr runter (Fliegender Holländer Effekt). Kommt das Schiff dabei auf Halbwind-Kurs, wird es wegen des hochliegenden Kraftansatzpunktes bei jeder Boe flach aufs Wasser gezogen. Viele vertreten hinsichtlich der Achtknoten in den Spi-Schoten andere Ansichten. Aber es gibt nur diese Möglichkeit den o.g. Gefahren aus dem Weg zu gehen. Die Spi-Schoten müssen dazu aber lang genug sein, damit im Notfall die Lee-Schot, und nur diese, soweit aufgefiert werden kann, daß das Lee-Schothorn des Spinnakers voll ausweht und somit der Druck einer starken Boe entweichen kann.

E.3) Während des Segelns unter Spi sollte das Vorsegel geborgen sein (einrollen oder an Deck legen), weil es auf fast allen Kursen zwischen Vorwind bis max. Höhe unter Spi den Wind abdeckt, bzw. die Windströmung zwischen Spi und Großsegel erheblich stört. Der Spi würde dabei sehr unruhig stehen, schwer zu kontrollieren sein, die Windströmung an der Leeseite des Spinnakers würde abreißen und das Segel würde keinen max. Vortrieb bringen. Ausnahmen dieser Regel ergeben sich nur, wenn anstelle der Genua die Normal-Fock oder ein noch kleineres Vorsegel gefahren wird und bei Kursen um Halbwind ausreichende aber nicht zu hohe Windgeschwindigkeiten vorherrschen. Der Vortrieb kann jedoch auch hier nur sehr schwer und geringfügig maximiert werden.

Anmerkung: Bei Kursen halber Wind und spitzer, verhält sich ein Spi ähnlich wie eine Genua. Ein besonderer Blick ist dabei auf das Luvliek zu werfen, weil hier die Einstellung in einem besonders breitem Bereich erfolgen kann. Mit Hilfe von Aufholer und Niederholer wird der Spibaum nach oben oder unten getrimmt. Ist der Baum zu hoch, wird der Spi extrem bauchig und der Druckpunkt wandert nach achtern. Bei viel Wind sind starke Krängung und Luvgierigkeit die Folge. Die Pinne wird übermäßig gebogen und der Spi berührt fast das Wasser. Das Ruder zeigt hier starke Bremswirkung. Ist der Baum zu niedrig, verringert sich der Durchhang des Luvlieks und der Anschnitt wird rundlicher. Hoch am Wind fällt jetzt der Spi viel früher ein. Aus dieser Position erfolgt jetzt die optimale Höhe des Spibaums, in dem du langsam dem Niederholer lose gibst. Die Luvschot sollte hier so stark durchgesetzt sein, dass der Spibaum nicht oder nur gerade das Vorstag berührt.

E.4) Schiften und Halsen.
Für die Dauer dieses Manövers muß das Schiff genau auf Vorwindkurs gehalten werden. Der Spi-Schoten-Führer stellt das Segel so ein, daß beide Spi-Schothörner auf einer Linie rechtwinklig zur Schiffsachse liegen. Diese Linie sollte möglichst nahe am Mast, aber nie hinter dem Mast liegen. Auf diese Weise braucht der Schotte auf dem Vorschiff kaum Kraft aufzuwenden, um den Spi-Baum zu schiften.
Weiterer Manöverablauf:
1. Spi-Baum am Mast ausklinken.
2. Spi-Baum in Lee-Schot einklinken, so daß der Spi-Baum zwischen beiden Schothörnern hängt.
3. Luv-Schot aus dem Spi-Baum ausklinken.
4. Ausnahmsweise gibt jetzt der Schotte auf dem Vorschiff das Komando "Rund achtern", weil er am besten beurteilen kann, ob es möglich ist, mühelos den Spi-Baum zur neuen Luv-Seite zu drücken und am Mast wieder einzuklinken.
5. Unter Beibehaltung des Kurses (ggf. Stützruder geben) halst der Steuermann den Großbaum auf die andere Seite. Es darf erst wieder geluvt werden, wenn der Spi-Baum am Mast eingeklinkt ist, weil sonst der große Druck auf den Spi-Baum das Einklinken unmöglich macht. Diesen Ablauf konsequent einhalten, dann kann auch eine nicht eingespielte Crew dieses Manöver ohne Kraftaufwand und ohne einfallenden Spi fahren.

E.5) Setzen und Bergen des Spinnakers.
Es gibt drei brauchbare Möglichkeiten:
1. Setzen und Bergen aus der Luke im Vorschiff. Diese Möglichkeit soll hier nicht beschrieben werden und bleibt was für Fummelspezies.
2. Setzen und Bergen aus dem Kajütenniedergang ist die schnellste Lösung für Regattasegler, weil der Spinnaker zwischen mehreren Vorwind-Bahnschenkeln nicht jedesmal neu sortiert werden muß. Selbst wenn der Spi auf der einen Seite reingeholt und beim nächsten Mal auf der anderen Seite wieder rausgeholt wird, werden lediglich beide Spi-Schoten und das Spi-Fall abgeschlagen, zusammengeknotet, einmal um das Vorstag herumgezogen und wieder angeschlagen. Bei wenig Wind kann der Spi zur Not auch mal in Luv herunter gezogen werden. (Oder auch in Luv setzen, und dann erst die Luv-Schot in den Spi-Baum einklinken. Anm. M.M.). Ansonsten wird dabei die Windabdeckung des Großsegels genutzt, um während des Setzens und Bergens mit möglichst wenig Kraftaufwand zu arbeiten.
Anmerkung: Bei setzen und bergen aus dem Kajütniedergang ist es besonders hilfreich, wenn ein Sack in den Niedergang eingehangen wird. Drei Haken, für Schothörner und Kopfbeschlag sollten nicht fehlen. Das spart neues sortieren der Lieken, wenn das Spinnaker-Geschirr auf den anderen Bug muß. Diese Methode hat sich als schonend für den Spi herausgestellt, da er nicht in der Kajüte auf dem Boden liegt.
3. Das Setzen aus dem Sack im Bugkorb erfordert mehr Zeit zur Vorbereitung des Manövers, setzt einen Bugkorb und einen äußerst sorgfältig im Sack vorsortierten Spi voraus (alle drei Lieken müssen gründlich abgelaufen werden und obenauf liegen; nur von Kopfbrett und Schothörnern bedeckt). Das Hochziehen und "Aufblasenlassen" erfolgt jedoch gegen die geringst mögliche Reibung und geht entsprechend schnell. Bei einer halbwegs trainierten Mannschaft liegen zwischen dem Kommando "Spi hoch" und einem mit voller Kraft ziehenden Spi kaum mehr als fünf Sekunden.
Noch während der Spi am Fall hochgezogen wird, zieht der Spi-Schotenführer die Schothörner aus dem Sack und achtet darauf, daß wenigstens die Luv-Schot ständig dichtgeholt oder belegt ist (siehe auch Hinweis unter E.2. Geborgen wird der Spi in jedem Fall hinter dem Großsegel in den Kajütniedergang.
1+2+3 gemeinsam: Bevor der Spinnaker hochgezogen wird, muß der Spi-Baum in die Luv-Schot und am Mast eingepickt werden. Man glaube nicht, daß man das nachher noch schafft.

 

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